Halt finden in einer verrückten Welt
Wie kaum eine Epoche vor uns ist unsere Lebenswirklichkeit von der Auflösung gewohnter Strukturen geprägt. Seit langem bestehende Normen und Werte werden in Frage gestellt. Besonders wir Christen blicken deshalb oft sorgenvoll in die Zukunft. Wie gehen wir am besten mit dieser Verunsicherung um? Wie uns die sieben Gaben des Heilige Geists Orientierung in Zeiten großer Veränderungen geben können.
Das Buzzword unserer Zeit lautet: Transformation. Unter diesem Schlagwort wird gerade so ziemlich alles auf den Kopf gestellt, vor allem indem es digital wird: Unsere Kommunikation findet online statt, per Sprachnachrichten und Emojis, Push-Nachrichten informieren uns in Echtzeit, wir arbeiten remote, treffen uns per Zoom oder Teams und bevor wir etwas kaufen, schauen wir Unboxing-Clips auf YouTube.
Soweit, so machbar – besonders für die jüngeren Generationen. Doch der globale Wandel hat nicht nur eine technische Seite. Die Umbrüche werden auch begleitet von neuen Sichtweisen und Werten, die Gewohntes und bislang Verlässliches in Frage stellen und neu definieren: Die Auffassung von Mensch und Familie, Würde und Sexualität zum Beispiel.
Bisherige Werte gelten nicht mehr
Diskussionen um Rollenbilder, Diversität und Selbstbestimmung, etwa bei Suizid oder Abtreibung, haben diese Tage Konjunktur und sind ein Symptom dafür, dass die Gesellschaft überkommene Werte nicht mehr einfach so gelten lassen will und sich auf die Suche nach neuen Definitionen macht.
Das kritische Hinterfragen von Glaubensgrundlagen hat auch die Kirche erfasst. Müssen wir nicht alles neu denken? Gott, Mensch, Liebe, Lebenssinn? So wird gefragt. Kein Zweifel: Unsere Welt ist im Wandel und kaum ein Bereich scheint davon ausgenommen zu sein.
Das Gefühl der Verunsicherung
Veränderungen können verunsichern. Warum eigentlich? Solange sich etwas innerhalb meiner gewohnten Denk-, Erfahrungs- und Verhaltensweisen ändert, nehme ich Neues eher als interessant oder praktisch war. Beispielsweise eine neue Smartphone-App. Sobald eine Veränderung jedoch meine grundlegenden Orientierungsfunktionen wie Werte oder Logik betrifft, kann das schnell bedrohlich wirken.
Als ich vor einiger Zeit meine 92-jährige Mutter zum Arzt gefahren und in meinem Auto die Navigation per Sprachsteuerung aktiviert habe, merkte ich, wie sehr sie das verunsicherte. Sie hatte einfach noch nie ein sprechendes Auto erlebt. Jeder empfindet die Umbrüche der gegenwärtigen Zeit anders.
Worauf sich der eine freudig einlässt, verunsichert den anderen. Das ist erlaubt und kein Zeichen mangelnder Veränderungsbereitschaft. Es ist ein ganz gesunder Reflex des vernunftbegabten Wesens Mensch.
Der Heilige Geist und die Kunst der Gelassenheit
Als Christen sind wir durch unsere Taufe fest in Gott verankert. Diese Stabilität ist der beste Ausgangspunkt, um große Veränderungen mit Gelassenheit zu bestehen. „Euer Herz lasse sich nicht verwirren. Glaubt an Gott und glaubt an mich!“ (Joh 14,1), sagt Jesus und verheißt uns als bleibenden Beistand seinen Geist. Und dieser Beistand ist sehr konkret. Die kirchliche Tradition hat ihn in sieben Gaben beschrieben, die uns die Kunst der Gelassenheit in Zeiten der Veränderung lehren können:
Weisheit
Manchmal geht uns etwas emotional zu nah und dann fehlt uns die nötige Distanz, um eine rechte Entscheidung zu treffen. Mit der Gabe der Weisheit will uns der Heilige Geist helfen, Abstand zu gewinnen und objektiv zu handeln.
Vernunft
Was ist der angesagte Trend? Was wird gerade auf Insta oder TikTok gefeiert? Die Gabe der Vernunft bedeutet vor allem, dass es okay ist, innezuhalten und nicht gleich jeden Hype mitzumachen.
Rat
Manche Entscheidung ist nicht leicht. Die Gabe des Rates bedeutet: Wir müssen nicht alles allein entscheiden. Manchmal braucht es Mut, jemanden um Rat zu bitten. Diesen Mut gibt uns der Heilige Geist.
Stärke
Gott hat uns als Kinder adoptiert (vgl. Gal 4,5). Für Christen ist es immer wieder notwendig, sich an dieses Siegel, das wir in der Taufe erhalten haben, zu erinnern. Besonders in Zeiten der Bedrängnis.
Erkenntnis
Manchmal ist es schwer, eine Situation richtig einzuschätzen. Mit der Gabe der Erkenntnis lädt uns der Heilige Geist ein, die Perspektive Gottes anzunehmen. Durch seine Augen können wir unsere Situation am besten beurteilen.
Frömmigkeit
Mit der Gabe der Frömmigkeit hilft uns der Heilige Geist, mit Gott in Kontakt zu bleiben. Ein Leben in seiner Gegenwart macht uns stärker – und fröhlicher.
Gottesfurcht
Wenn wir meinen, dass wir alle möglichen Optionen einer Situation schon kennen, lehrt uns der Heilige Geist mit der Gabe der Gottesfurcht, dass Gott immer noch größer und noch kreativer ist, als wir denken.
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